I.
Manches vergisst man nie
Auch wenn man die Zeit nicht anhalten kann und immer wieder etwas Neues kommt, nimmt man vieles mit.
Solange ich zurückdenken kann, waren wir immer Fünf. Fünf Freunde, die verbunden waren um Stimmungen zu teilen, dabei jeder seinen Weg gehend um doch hin und wieder nach dem einen oder anderen zu schauen, stützend oder helfend oder auch um Freude zu teilen.
Viele Jahre lebten wir unsere Welt in bunten Farben, dort in dem kleinen Ort, der uns zwar manchmal ein wenig eingeengt seine Grenzen aufzeigte, den wir uns aber selbst unbeschwert mit Sonnenfarben erhellten.
Unsere Sonne schien nur für uns und ließ all die Farben noch ein wenig heller erleben.
Auch wenn wir alle diesem Ort schon lange den Rücken gekehrt haben, um unseren eigenen Weg als Ziel zu gehen, blieb dieses unsichtbare Band, welches nur wir Fünf spürten, doch immer existent.
Oft denke ich an Tom.
Tom mit dem ich so oft zu der alten Hütte am Bach geradelt bin um dort seinen Geschichten zu lauschen.
Geschichten, mit denen er Bilder malte und die er nur mir mit leuchtenden Augen erzählte und die ich mit all der Weichheit oder Härte in all den Schattierungen miterlebte.
Jedes seiner Worte hatte eine Tiefe, die mich immer wieder faszinierte, vorgetragen mit einer Stimme, die nur Tom zueigen war und die mich spüren lassen konnte, wenn die Kälte das Blut zu Eis gefrieren ließ und die Glut des Feuers es wieder auftaute.
Wenn ich an ihn denke, sehe ich sein Lachen vor mir und dieses Strahlen in seinen braunen Augen.
Seine Hände waren so sanft, wenn er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zauberte und dabei wie ein Hauch meine Wangen berührte.
Ich denke, zwischen Tom und mir war da ein ganz besonders Band. Unsichtbar aber doch untrennbar existent. Vielleicht weil wir wussten, dass zwischen uns niemals so etwas wie Falschheit, Gedankenlosigkeit oder Enttäuschung stehen würde.
Tom war schon ein besonderer Mensch, vor allem für mich, mit all seinen Facetten, die er nicht jedem zeigte. Für manchen erschien er sehr introvertiert weil er sich nicht jedem öffnen konnte und lieber sich aus der Distanz heraus näherte.
Für mich war Tom oftmals ein Träumer, der sich aber niemals in seinen Träumen verlor.
Er empfand alles nur viel intensiver, so wie es nicht jeder Mensch vermag. Trotzdem hatte er die Realität stets vor Augen und schaffte es beides miteinander zu verbinden.
Wenn ich an ihn denke, sehe ich seine Augen vor mir, die mich so oft intensiv über den Brillenrand anschauten, wenn wir dort unten vor der alten Hütte im Gras lagen und er mir seine Geschichten erzählte.
Mit der Zeit wuchsen Tom und ich zu einer getrennten Einheit zusammen. Jeder verfolgte nebeneinander seinen eigenen Weg ohne den anderen zu beeinflussen oder zu manipulieren,
nur begleitend und vieles freiwillig aus Wertschätzung teilend.
Vielleicht war es Tom, der mir viele Wege bereitet hat. Niemals ein NEIN zu akzeptieren war immer wichtig für ihn und für mich des Übernehmens wert.
Es gab nichts Wichtigeres für ihn, als über den Tellerrand zu schauen um die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen.
Daraus entstanden seine Geschichten um auch mir zu zeigen, wie man seine Gedanken mit Kreativität füllt und jedem Wort seinen ganz besonderen Wert beimisst.
Stillstand gab es nicht, denn im Fluss und in der Bewegung lag der Sinn des Ganzen.
Auf meinem Weg bin ich danach vielen Menschen begegnet. Manche sind ein Stück mit mir gelaufen, andere haben ihn nur gekreuzt.Es waren Menschen dabei, die mich tief berührt haben, andere wiederum haben mich nur gestreift.Wir Fünf waren uns immer wertvoll und im Vertrauen verbunden, und Tom war einer von uns, für mich vielleicht der wichtigste und beste Freund von allen.
Heute schreibt Tom seine Geschichten für sehr viele Menschen und berührt sie genau wie mich damals.
Jedes einzelne Buch schickt er mir vorab oder liest es mir vor, genau wie damals, wenn wir gemeinsam im Gras lagen und der Himmel sich nur für uns in einem strahlenden Blau zeigte.
Er ist seiner Vision gefolgt und hat sie zu seinem Ziel werden lassen.
Ich weiß, dass er sehr glücklich ist und lässt mich auch heute noch daran teilhaben.
Es ist dieses untrennbare Band, welches uns Fünf auch weiterhin verbindet.
II.
Und jetzt gehe ich weiter, auch wenn mir der Wind rauh ins Gesicht weht und ich nicht weiß wohin der Weg führt.
In Gedanken bin ich bei Dir, fühle was Du fühlst und spreche das, was Du gerade denkst.
Diese Gedanken sind Empfindungen und Assoziationen die mit Deinem Bild einhergehen.
Solange ich zurückdenken kann, waren wir immer Fünf. Fünf Menschen, die in Freundschaft verbunden waren, und dennoch ihren eigenen Weg gingen.
Fünf Freunde, die sich nicht anhielten, um aneinander festzuhalten.
Damals war unsere kleine Welt, die wir miteinander teilten, hell und leuchtete in bunten Farben. Immer hatte irgendeiner von uns einen Pinsel in der Hand, um dunkle Stellen wieder mit kräftiger Hand in Rot oder Gelb zu übermalen.
Es war dieses Gefühl der Geborgenheit, das damals unsere Welt überdeckte und wir mitnahmen auf jedem unserer weiteren Wege.
Ich denke, dass all das, was wir damals gemeinsam erlebten uns sehr stark geprägt hat, vor allem mit dem Wissen, niemals alleine zu sein, auch wenn gerade keiner an unserer Seite ist.
Mit Tom verband mich schon immer etwas ganz Besonderes.
Ich liebte seine Geschichten, die er schrieb und mir immer unten am Bach vorlas.
Jedes einzelne Wort darin war ein Puzzleteil zu einem einzigartigen Bild, das er entwarf und sich vor mir in leuchtenden Farben auftat.
Auch heute noch, wenn ich seine Reiseberichte lese, sehe ich uns unten im Gras liegen, über uns hinwegfliegende Wolken und mich in eine andere Welt denkend.
Jedes Land erlebe ich so wie Tom es sieht, in seiner ganzen Einzigartigkeit und Besonderheit, so, als wenn ich an seiner Seite zugegen wäre.
Unsere Lieblingsstadt ist Sevilla. Auch wenn ich dieses Juwel von Stadt schon selbst mit eigenen Augen gesehen habe, erlebe ich es mit Toms Augen vollkommen anders, farbenprächtiger, imposanter ein übergreifendes Bild mit einer Mischung aus jung und alt, Zeit der Mauren, Renaissance und Moderne, untermalt von den ergreifenden Tönen des Flamencos.
In Toms Bild spüre ich die gotische Kühle der Kathedrale, genieße den herrlich weitläufigen Blick vom La Giralda, fühle mich in einer fremden Welt, so als wenn noch der Ruf vom Mi-narett erklingt.
Im Stadtteil Triana erlebe ich das ursprüngliche Sevilla, mit Flamenco tanzenden Zigeunern und im Hafen singenden Matrosen. Carmen becirct gerade ihren Jose, der in rasender Leidenschaft zu der Angebeteten entflammt.
Im Alcazar sehe ich mich in die Zeit von Columbus zurückversetzt und kann sogar die duftenden Blumen in den herrlichen Parkanlagen riechen.
Auf der Plaza de Toros de la Maestranza marschiert gerade der Torero stolz erhobenen Hauptes ein und ich leide während des Kampfes mit dem Stier, der bis zum letzten Atemzug tapfer und nicht aufgebend kämpft.Ich sehe die Kunstwerke von Velasquez und Murillo in herrlichen Farben vor mir und
lasse mich darin fallen.
Durch Toms beschreibende Bilder erlebe ich all die überschäumende sinnliche Lebensfreude die in feuerroten Farben glüht, gemischt mit vielsagender beruhigender Gelassenheit, die man nur in Sevilla spürt, wenn man es mit Toms Augen sieht.
Mit Tom war sogar Schweigen schön. Es war niemals das Gefühl fehlender Worte da. Denn wenn auch sprachlos blieb nichts unausgesprochen.
Bis heute haben wir uns das bewahrt, immer wissend auch auf die größte Distanz hin, was
der andere fühlt, wie es in ihm ausschaut und wie es ihm geht.
Ich bin mir sicher, Tom kennt jeden meiner blauen Flecke auch wenn ich manchen zu verheimlichen suche. Selbst dann konnte Tom schweigen und einfach nur da sein.
Er wusste eigentlich immer, wann ich eine Maske brauchte um vor mir selbst geradestehen zu können und er ließ sie mir ohne Worte, einfach nur wissend.
Selbst jetzt in der Ferne spürte er wieder, wenn der Sturm brauste und so ein blöder Schmerz in mir rumwühlte wie ein Korkenzieher sich im Herz drehte.
Er kannte mich zu gut, als dass ihn ein Lachen drüber hinweg täuschen konnte.
Nichts kann ihn dann aufhalten, er ist einfach da, manchmal auch nur zum Schweigen.
Vieles hat sich im Laufe der Zeit verändert, nachdem wir damals unsere kleine Welt verlassen hatten um unsere eigenen Ziele zu verfolgen.
Wir haben uns verändert, aber mit dem Wissen, dass vieles geblieben ist, weil es uns wert war daran festzuhalten und es uns zu bewahren.
Tom und ich haben uns sehr viel Verbindendes bewahrt.
Auch wenn vieles auf unseren Wegen mal quer lief und so steil bergauf, dass manches Mal der Atem stockte gab es immer etwas woran man sich aufrichten konnte um dann mit Anlauf auf die nächste Hürde zuzurennen
Oft denke ich, dass dies der Grund ist, warum meine Welt auch heute noch so voller Wärme und heller Farben ist.
Denn auch heute noch sind wir Fünf. Fünf Freunde, die sich nicht anhalten um aneinander festzuhalten.
III.
Wir waren immer Fünf. Fünf Menschen, die sich vor langer Zeit fanden und es sich wert waren für das Gefundene zu geben. Zu geben ohne jegliche Erwartungshaltung und doch wissend, dass immer wieder etwas aufs Vielfache zurückkommt.
Jeder von uns hatte zwar seine eigene Definition von Freundschaft, und dennoch gab es Schnittstellen oder wenigstens Parallelverschiebungen.
Das Wichtigste aber war das Gefühl, dass man so akzeptiert wurde, wie man war, egal aus welchem Blickwinkel die Betrachtung erfolgte.
Trotzdem konnte man sich auf die Meinung des anderen verlassen, denn egal wie gegensätzlich sie erschienen, konnte man sicher sein, dass es keine unbedachten Worte waren oder zum Verletzen geneigte Phrasen.
Ich denke, zurückblickend vermag ein jeder von uns Fünf zu sagen, dass es eine gute Zeit damals war.
Denn jeder von uns hat etwas mitgenommen. Etwas von dem man auch heute noch zehren kann, wo vielleicht doch so manches mal der Weg etwas steiler bergauf geht und das Voruns nicht so strahlend leuchtet, sondern eher in nebulöse Farben eintaucht.
Damals dort in unserer kleinen Welt haben wir oft gemeinsam den Pinsel geschwungen, und mit kraftvollen Strichen alles in hell leuchtende Nuancen eingetaucht. Es spielte keine Rolle, wer den Farbton bestimmte. Denn immer dann, wenn vielleicht für den Einen mal das Dunkle eher überwog, konnten wir sicher sein, dass die anderen den Pinsel mit der richtigen Farbgebung schon parat hielten.
Vielleicht haben wir uns schon damals für alles Kommende gegenseitig stark gemacht, insbesondere durch die innere Verbundenheit des Verstehens ohne auch nur ein Wort zu verlieren.
Als es an der Zeit war, dass unsere Wege auseinander drifteten, geschah dies mit dem Wissen unsichtbare Spuren hinterlassen zu haben, die dennoch jederzeit abrufbar waren.
Tom war schon damals der Mensch, der bei mir sehr tiefsitzende Spuren zeichnete.
Es waren seine Worte, die auch heute noch intensiv nachhallen.
Worte, die mich schon damals, wenn wir nach der Schule zu unserem Platz unten am See radelten, immer wieder faszinierten und fesselten.
Kein anderer vermochte es so wie er mit Worten zu malen.
Er verführte mich in Welten furchtlos einzutauchen, die so fremd und unwirklich erschienen, und dennoch das Erleben mit spannender Erwartung zu genießen.
Ich konnte stundenlang seiner sanften Stimme lauschen, wenn er mir aus den “Blumen des Bösen” vorlas oder Miguel de Cervantes zitierte. Ich sah Dulcinea mit langem schwarzem Haar vor mir, litt Höllenqualen im Tod von Morella und empfand Schmerz mit Justine ebenso wie mit Juliette.
Schon damals offenbarte Tom mir den Blick über den Tellerrand um mir das Bewusstsein für das Mögliche zu öffnen, ebenso das Risiko nicht scheuend aus Unmöglichem das Mögliche zu machen.
Tom lebte mir seine eigenen Worte stets vor. Für ihn war es stets das Wichtigste, sich selbst zu akzeptieren wie man ist und sich selbst niemals untreu zu werden.
Es hat sich selbst sehr vieles davon in mir verankert.
Aber heute weiß ich dass ich es wagen kann der Mensch zu sein, der ich bin.
Nicht immer ganz sicher im Blick nach vorne aber dennoch mich Herausforderungen stellend.
Manchmal zweifelnd und auch zögerlich ernst, vor allem an mir selbst. Aber dann wieder mutig und so voller Neugier auf alles was noch kommen mag.
Hin und wieder erkenne ich selbst Widersprüche in mir und ein wenig Zerrissenheit, wo aber dennoch der Trotz zum Vorschein kommt, der hilft mit Verbissenheit auch alleine jede Unwegsamkeit zu meistern.
Heute weiß ich, dass mich nicht jeder verstehen muss, ebenso wenig wie ich jeden verstehen kann.
Und genau damit habe ich sogar Verständnis für mich selbst.
Heute weiß ich, dass gar nicht jeder Wunsch in der Erfüllung seinen Wert hat, und hoffe dennoch dass mir kein einziger von ebendiesen verloren geht.
Auch wenn es nicht immer so läuft, wie ich es gerne hätte, vermag mir auch dieses nicht mehr allzu viel anzuhaben.
Vielleicht habe ich gerade damit so etwas wie das Kind von Damals in mir bewahrt.
Das Kind, das mit unbedarfter Neugier sich selbst immer wieder aufs Neue entdeckt und im eigenen Erstaunen schon alleine die Erfüllung findet.
Selbst meine Introvertiertheit steht mir nicht mehr im Weg, vielleicht weil ich mich selbst darin nicht mehr verfange und ersterer zum Trotz Gefühle als Meinige akzeptiere und diese auch lebe.
Auch wenn so manche Spur im Sand von Brandungen weggespült wird, wird es immer welche geben, die dem Meer trotzen, weil sie tief in einem selbst verwurzelt sind.
Ich bin mir sicher, dass auch ich genau solche Spuren bereits hinterlassen habe.
Und das ist gut so. Wie so vieles andere auch.
So eine vertrauensvolle und auch innige Freundschaft über einen so langen Zeitraum ,dürfen nur wenige Menschen erleben. Du kannst stolz und glücklich darüber sein.
Oh das freut mich aber, dass Du hierher auf meinen Blog gefunden hast.
Herzlich willkommen.;-)
Ja, ich denke auch dass gerade Freundschft etwas sehr Wertvolles ist.
Ich weiß, dass ich da einfach ein sehr großes Glück genießen darf.
Einen lieben Gruß
Sabine