Es war kühl. Ein frischer Abendwind zog vom Meer her auf. Wie lange saßen wir jetzt hier schon und ließen unseren Gedanken freien Lauf.
Das sanfte Klingen beim Zusammenstoßen unserer Rotweingläser unterbricht kurz die Stille und ich schaue dir zu, wie du den Rauch der Zigarette in kleinen Ringen in die Luft bläst. Ganz entfernt war ein leichtes Donnergrollen zu vernehmen und trotzdem fühlte ich mich sicher hier so neben dir, wo sich nur unsere nackten Beine leicht berührten.
Es war schön dich hier neben mir zu wissen, auch wenn ich wusste, dass morgen wieder alles anders sein würde. Wege kreuzen sich, vielleicht führen sie auch einige Zeit in die gleiche Richtung aber genau so gut können sie sich auch wieder voneinander entfernen. Wichtig war, wir hatten unseren eigenen nie verlassen, sind immer gerade weitergegangen, haben uns gegenseitig ein wenig begleitet, vielleicht auch manchmal gezogen. Nichts erzwungen, ab und zu mal angehalten um zu sehen wo der andere gerade stand.
Es war eine wärmende Zeit, voller Innigkeit und Nähe. Hier hatte alles begonnen, und wie schnell doch die Zeit verflogen war. Selbst jetzt gerade hatte das Wasser schon wieder unsere Fußabdrücke im Sand verwischt. Voller Zärtlichkeit nimmst Du meine Hand und drückst sie fest. Unsere Blicke treffen sich und es ist so wie immer ein Verstehen ohne Worte. Wie früher so oft lege ich meinen Kopf an Deine Schulter und du streichst mir sanft über das Gesicht. Nur um noch einmal diese Nähe zu spüren, die vielleicht schon gar nicht mehr real war. Es war schön Dich hier und jetzt zu spüren. Alles was von Dir ausging war so voller Zuversicht und Stetigkeit. Schweigend sahen wir uns an, und wussten, dass unsere Gedanken jetzt und hier den gleichen Weg in eine gemeinsame Richtung gingen. Es war nicht wichtig, was morgen sein würde.
Auch wenn ich das erst sehr spät begriffen habe, aber Deine Stärke war immer die Geduld.
Wie oft hatte ich vorher Dinge gemacht, im Glauben andere würden sie erwarten, und habe es damit zur selbst aufgezwungenen Pflicht gewandelt. Geduldig hast Du mir aufgezeigt, dass es eher hemmt, wenn man eigene Denk- und Handlungsweisen als Erwartungen auf andere projiziert.
Du hast nie versucht mich zu ändern, hast mich so akzeptiert wie ich war. Selbst als du merktest, dass mein Weg nicht gerade der ebenste war, hast Du nicht versucht mich auf einen anderen zu ziehen. Für Dich war immer die Erfahrung wichtig, die jeder für sich alleine machen muss. Meine Finger berühren leicht Deine Wangen und ein wenig Wehmut kam auf. Da war es wieder, Dein Lächeln, so wie sonst wenn Du mir Mut machen wolltest für einen neuen Versuch um Anlauf zu nehmen, wenn der Weg zu steil wurde. Ja, Aufgeben gab es nie für Dich und genau das nehme ich mit. Ich hatte ja gelernt, dass es auch so oft gelingen kann, über sich selbst hinauszuwachsen. Heute kann mir auch ein Fehler nichts mehr anhaben. Es sind, so wie Du es immer gesehen hast, Erfahrungen, die man machen muss, um das Richtige zu erkennen.
Unsere Weg liefen nur ein kurzes Stück zusammen und in eine Richtung, aber es reichte um etwas zu verlieren. Trotzdem ist da ein gutes und stärkendes Gefühl, selbst jetzt an dieser Weggabelung, vor der wir gerade gemeinsam stehen. Langsam gehen wir Hand in Hand zum Wasser runter. Nein, wir werden uns nicht fremd werden, auch wenn unsere Wege jetzt Stück für Stück auseinander gehen. Genau wie damals, als du einfach so gingst, weil es einen neuen Weg für dich gab, der nicht für mich bestimmt war.
Der Wind weht uns jetzt schon ein wenig stärker ins Gesicht, und das Wasser an den Füßen ist eisigkalt. Nur um uns herum ist Wärme, die uns wie in einem Kokon einwebt.
Ein ganz winziges Stück gehen wir hier und jetzt noch gemeinsam. Vier Fußabdrücke im Sand, die aber jetzt schon wieder im gleichen Augenblick vom Wasser verwischt sind. Und es spielt keine Rolle, denn es wird sie immer wieder neu geben, mal etwas enger nebeneinander aber auch hin und wieder in großer Distanz.